ADxS, Beziehungen & Sexualität – jenseits von Klischees

Veröffentlicht: 27. Februar 2025
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Aktualisiert: 27. Februar 2025
Julia Henchen
Julia Henchen
Inhalt

ADxS und Sexualität sind ein Thema, das selten im Fokus steht – dabei sind sie eng miteinander verknüpft. Neurodivergente Menschen erleben Intimität oft intensiver, aber auch mit besonderen Herausforderungen. Gleichzeitig können genau diese Eigenschaften tiefgehende, bereichernde Beziehungen ermöglichen.

In meinem Podcast „Kopf aus – Lust an“ spreche ich genau über diese Themen – höre doch mal rein. Zudem biete ich bald eine Fortbildung für Fachpersonen und eine spezielle Veranstaltung für Menschen in Beziehungen an, die mit diesen Dynamiken umgehen. Für mehr Infos trage dich in meinen Newsletter ein. 

ADxS & Sexualität: Zwischen Dopamin, Intensität und Kommunikation

ADxS beeinflusst das Dopamin-System – und damit auch die Art, wie Menschen Lust, Nähe und Leidenschaft erleben. Einige erleben eine starke Suche nach intensiven Erfahrungen, andere haben Phasen, in denen Lust plötzlich verschwindet.

Typische Aspekte in Beziehungen und Sexualität bei ADxS:

  • Intensität & Impulsivität: Starke Emotionen, schnelles Verlieben, aber auch herausfordernde Schwankungen in Bedürfnissen.
  • Kommunikationshürden: Schwierigkeiten, die eigenen Wünsche oder Reaktionen zu erklären, können zu Missverständnissen führen.
  • Reizempfindlichkeit: Berührungen und Sinnesreize können besonders intensiv oder unangenehm sein.
  • Lustlosigkeit & Überforderung: Stress kann das Verlangen dämpfen, da der Wechsel von Anspannung zu Entspannung oft schwerfällt.

Das bedeutet nicht, dass erfüllende Beziehungen oder Sexualität schwieriger sind – sie brauchen manchmal nur andere Herangehensweisen.

Intensität, Lustlosigkeit und die Suche nach Balance

Sexualität ist individuell – das gilt für alle Menschen. Doch für Menschen mit ADxS kann sie besonders facettenreich sein. Intensives Verlangen, tiefe Verbundenheit und leidenschaftliche Nähe können ebenso auftreten wie Phasen der Lustlosigkeit oder das Bedürfnis nach Rückzug. Diese Wechsel sind kein Widerspruch, sondern Ausdruck einer einzigartigen Art, Sinnlichkeit und Beziehungen zu erleben.

Doch was bedeutet das konkret? Welche Herausforderungen gibt es, und wie können neurodivergente Menschen und ihre Partner*innen erfüllte Intimität gestalten – jenseits von Klischees und Stigmatisierung?

Wie beeinflusst ADxS das Lustempfinden?

ADxS wirkt sich auf das Dopaminsystem aus, das eine zentrale Rolle bei Motivation, Belohnung und Verlangen spielt – auch im Kontext von Sexualität. Das bedeutet:

  • Manche Menschen mit ADxS empfinden eine starke Lust und Suche nach intensiven Erlebnissen, da neue oder aufregende Reize besonders belohnend wirken.
  • Andere erleben Phasen der Lustlosigkeit, weil Stress, Überforderung oder Hyperfokus auf andere Themen das Verlangen nach Intimität überlagern können.
  • Reizüberflutung oder emotionale Intensität können dazu führen, dass Nähe manchmal zu viel wird – nicht aus Desinteresse, sondern weil der Körper oder Geist gerade keine zusätzliche Stimulation verarbeiten kann.

Diese Dynamiken sind nicht „richtig“ oder „falsch“ – sie zeigen, dass Lust ein vielschichtiges Thema ist, das durch viele Faktoren beeinflusst wird.

Lustlosigkeit bei ADxS: Was steckt dahinter?

Lustlosigkeit ist nichts Ungewöhnliches, doch bei ADxS kann sie besondere Ursachen haben, die über allgemeine Stressfaktoren hinausgehen:

1. Reizüberflutung und Überforderung

Der Alltag kann für Menschen mit ADxS anstrengend sein – viele Reize gleichzeitig wahrzunehmen, Emotionen intensiv zu empfinden und ständig an mehreren Dingen gleichzeitig zu denken, kann Energie kosten. In solchen Momenten kann der Wunsch nach Intimität in den Hintergrund treten.

2. Fokus und Ablenkung

Menschen mit ADxS haben oft einen wechselhaften Fokus: Wenn ein Thema besonders fesselnd ist, kann es passieren, dass der Körper andere Bedürfnisse „ausblendet“ – auch das sexuelle Verlangen. Das bedeutet nicht, dass keine Lust vorhanden ist, sondern dass sie manchmal schwer abrufbar ist.

3. Emotionale Regulation

ADxS bringt oft eine intensive Gefühlswelt mit sich. Ist eine Person emotional unausgeglichen oder überfordert, kann das Lustempfinden schwanken. Auch Streit oder Unsicherheiten in der Beziehung können stärker ins Gewicht fallen.

4. Auswirkungen von Medikamenten

Manche Menschen mit ADxS nehmen Stimulanzien, die Einfluss auf den Appetit und das Lustempfinden haben können. Das kann individuell unterschiedlich sein – während einige berichten, dass sie sich besser auf intime Momente konzentrieren können, erleben andere eine verringerte Libido.

Wie kann man mit diesen Dynamiken umgehen?

1. Lust nicht bewerten – sondern verstehen

Lust ist nichts Statisches – sie verändert sich bei allen Menschen, unabhängig von ADxS. Wichtig ist, diese Schwankungen nicht als Problem oder Mangel zu sehen, sondern als natürliche Variation

 2. Offene Kommunikation

Sich ehrlich über Bedürfnisse, Lust oder Rückzug auszutauschen, kann helfen, Missverständnisse in der Partnerschaft zu vermeiden. Es geht nicht darum, Erwartungen zu erfüllen, sondern gemeinsam Wege zu finden, die für beide passen.

3. Selbstfürsorge und Druck rausnehmen

Lust kann nicht erzwungen werden – aber sie kann entstehen, wenn man sich selbst Raum gibt, zur Ruhe kommt und Stress abbaut. Sich wohlzufühlen, genug Zeit für sich selbst zu haben und Entspannung in den Alltag einzubauen, kann helfen, das eigene Körpergefühl zu stärken.

4. Alternative Formen von Nähe finden

Intimität bedeutet nicht nur Sex – Berührungen, Gespräche, gemeinsames Lachen oder einfach Zeit miteinander können genauso wichtig sein. Manchmal hilft es, den Druck herauszunehmen und sich auf andere Formen der Verbindung zu konzentrieren.

Wie gelingt eine gute Balance?

✔ Kommunikation: Offene Gespräche darüber, was Nähe oder Rückzug bedeutet, helfen, Missverständnisse zu vermeiden.

✔ Gefühle einordnen lernen: ADxS bringt oft emotionale Wellen mit sich – sich Zeit zu nehmen, bevor impulsiv reagiert wird, kann helfen.

✔ Selbstfürsorge: Sich selbst Raum für eigene Bedürfnisse zu geben, ohne Schuldgefühle, ist essenziell.

✔ Therapie & Coaching: Unterstützung in emotionaler Regulation und Selbstwert kann Beziehungen stärken.

Lasst uns das Thema sichtbar machen!

ADxS und Sexualität sind Themen, über die noch viel zu wenig gesprochen wird. Lust, Nähe und Intimität sind so individuell wie wir selbst – und es gibt keine „richtige“ oder „falsche“ Art, sie zu erleben. Wichtig ist, offen und wertfrei darüber zu sprechen, um mehr Verständnis für neurodivergente Erfahrungen zu schaffen.

Warum ADxS mit „x“?

Der Begriff ADxS wird als alternative Bezeichnung zu ADHS genutzt, um den Fokus stärker auf die Stressregulation zu legen. Während ADHS oft nur mit Hyperaktivität oder Unaufmerksamkeit in Verbindung gebracht wird, beschreibt ADxS das dahinterliegende neurologische Muster präziser.

Mehr dazu? Bald im Podcast und in meiner Fortbildung!

Willst du tiefer in das Thema eintauchen? Dann hör in meinen Podcast „Kopf aus – Lust an“ rein! Zudem gibt es bald eine Fortbildung für Fachpersonen und eine Veranstaltung für Menschen in Beziehungen mit diesen Herausforderungen. Schreib mir, wenn du dabei sein möchtest!

Quellen:

Foto: freepik.com

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